Owen Meany by Irving John

Owen Meany by Irving John

Autor:Irving, John
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 978-3-257-60022-3
Herausgeber: Diogenes Verlag AG


[472] 7

Der Traum

Owen und ich waren neunzehn und in der Abschlußklasse der Gravesend Academy – ein gutes Jahr älter als unsere Klassenkameraden – als Owen mir rundheraus sagte, was er mir auf symbolische Weise deutlich gemacht hatte, als er elf gewesen war und mein Gürteltier verstümmelt hatte.

»GOTT HAT DEINE MUTTER GENOMMEN«, sagte er zu mir, als ich mich darüber beschwerte, daß wir ständig »den Schuß« übten; ich dachte, er würde den Dunking nie unter vier Sekunden schaffen, und hatte keine Lust mehr, weiterzuüben. »MEINE HÄNDE WAREN DAS WERKZEUG«, meinte er. »GOTT HAT MEINE HÄNDE GENOMMEN. ICH BIN DAS WERKZEUG GOTTES.«

Daß er so etwas gedacht haben könnte, als er elf war – als das erstaunliche Ergebnis jenes Fehlschlages ein solcher Schock für uns beide war und diese nie näher bezeichnete EMPÖRENDE SCHANDE, die seinen Eltern zugefügt worden war, seine religiöse Erziehung in Verwirrung und Rebellion gestürzt hatte – ich konnte verstehen, daß er zu jenem Zeitpunkt alles mögliche gedacht hatte. Aber nicht mit neunzehn! Ich war so überrascht von der nüchternen Art, mit der er mir seinen verrückten Glauben mitteilte – »GOTT HAT MEINE HÄNDE DAZU BENUTZT« – daß ich ihn, als er in meine Hände sprang, einfach fallenließ. Der Basketball rollte über die Freiwurflinie aus der Zone hinaus. Wie er so dalag, sah Owen nicht direkt wie ein WERKZEUG GOTTES aus – er hielt sich das Knie, das er sich beim Sturz verrenkt hatte, und krümmte sich am Boden unter dem Korb. »Wenn du das Werkzeug Gottes bist, Owen«, meinte ich, »wie kommt es dann, daß du meine Hilfe brauchst, um den Ball zu stopfen?«

[473] Es war in den Weihnachtsferien 1961, und wir waren allein in der Turnhalle – abgesehen von unserem alten Freund (und unserem einzigen Zuschauer), dem unterbelichteten Hausmeister, der die Spielzeituhr für uns einstellte, wenn Owen den Dunking gestoppt haben wollte. Ich wünschte, ich könnte mich noch an seinen Namen erinnern; er war oft der einzige Hausmeister, der während der Ferien und im Sommer an den Wochenenden Dienst hatte, und es war allgemein bekannt, daß er unterbelichtet oder »geistig minderbemittelt« war – und Owen hatte einmal gehört, daß er im Krieg ein »Bombentrauma« erlitten hatte. Wir wußten nicht einmal, in welchem Krieg – wir wußten nicht einmal, was wir uns unter einem »Bombentrauma« vorstellen sollten.

Owen saß unter dem Korb und rieb sich das Knie.

»DU HAST DOCH SICHER SCHON GEHÖRT, DASS GLAUBE BERGE VERSETZEN KANN?« fragte er mich. »DAS PROBLEM BEI DIR IST, DASS DU KEINEN GLAUBEN HAST.«

»Das Problem bei dir ist, daß du verrückt bist«, entgegnete ich; doch ich holte den Basketball. »Es ist einfach unverantwortlich«, fuhr ich fort, »für jemanden in deinem Alter und mit deiner Bildung, herumzulaufen und zu erzählen, er sei Gottes Werkzeug!«

»ICH VERGASS, DASS ICH MIT MISTER OBERVERANTWORTUNG SPRACH«, meinte Owen nur.

Im Herbst 1961 hatte er angefangen, mich »Mister Oberverantwortung« zu nennen, und zwar zu der Zeit, als wir uns durch die Bewerbungen um einen Studienplatz an den verschiedenen Universitäten durchquälten; da ich mich nur bei der staatlichen Universität in New Hampshire beworben



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